Der Kuckuck, ein legendärer Vogel

Kuckuck

Der Kuckuck, ein männlicher Altvogel

Der Kuckuck, ein legendärer Vogel? Das wird vielleicht nicht jeder so sehen. Erstmal ist er schon durch seinen Ruf weltberühmt. Diesen Ruf kennt jeder. Viele haben den Ruf auch bei sich in der Wohnung. In den weltberühmten Kuckucksuhren aus dem Schwarzwald kündigt er immer an, wann die nächste Stunde geschlagen hat. Sein Ruf spricht uns Menschen an, auch wenn der ganz anders klingt als das schnelle und hektische Kuckuck der Kuckucksuhren. Auch das herauskommen aus dem Türchen der Kuckucksuhr, sich zu zeigen und sich anzukündigen, entspricht gar nicht seinem Naturell und seiner Lebensweise. Die ist bis auf seinen Ruf eher still und heimlich, denn seine Lebensgrundlage ist nicht aufzufallen. Nur so kann er den anderen Vögeln sein Ei ins Nest legen. Auch diese Fähigkeit hat ihn berühmt und populär gemacht. Redewendungen wie: „Da hat dir aber einer ein Kuckucksei ins Nest gelegt“ oder Filmtitel („Einer flog übers Kuckucksnest“) sind daraus entstanden. Auch in einigen Lieder wird über ihn gesungen: „Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald“ oder „Auf einem Baum ein Kuckuck“. Auch in dem berühmten Lied von der Vogelhochzeit kommt er natürlich vor.

Der Kuckuck: Man hört ihn, aber sieht ihn nicht

Eigentlich reicht das schon aus, um eine Legende zu werden. Dazu kommt aber noch, dass man ihn nur sehr selten sieht. Sicherlich war er früher häufiger, wie auch andere Vögel aus dem Lied von der Vogelhochzeit. Wie z. B. der Wiedehopf. Er gehörte vermutlich noch mehr zum Leben der Menschen. Auch wenn man ihn eben nur gehört hat. In meiner Kindheit habe ich den Ruf des Kuckucks jedes Jahr im Frühling auch von unserer Siedlung aus noch gehört. Sein Ruf kündigt den Frühling an. Der Ruf ist weit hörbar. Ich habe auch versucht, dem Ruf näher zu kommen. Aber einen Kuckuck zu lokalisieren und zu finden, ist kaum möglich. Ich vermutete, dass er irgendwo am Waldrand oder in einem Gehölz sitzen könnte. Ich sichtete nie einen Kuckuck und in mir festigte sich die Vorstellung einen Kuckuck kann man nicht sichten, er lebt zu versteckt und heimlich. Deshalb prägte ich mir seine Körperform und auch sein Aussehen nicht ein. Und lernte nichts über seine Lebensweise.

Mit 42 Jahren 

Das alles ist der Stoff für eine Legende. Erst 2017 sichtete ich meinen ersten Kuckuck in den Rieselfeldern von Münster. Rein zufällig natürlich. Ich musste erst 42 Jahre alt werden, um das zu erleben. 2019 versteckte er sich dann wieder vor mir und ich hörte nur seinen Ruf aus der Ferne.

Ende August 2020 hatte ich dann aber ein noch größeres Erlebnis mit diesem Vogel, ich sichtete einen Jungvogel bei der Jagd nach Raupen.

Link zum Beitrag : Die Jungvögel von der Kiebitzwiese

Ich hatte das berühmte „Kuckuckskind“ gesehen! Das hat mich so beeindruckt, dass es mich zu diesem Beitrag inspiriert hat.

Ich wollte jetzt mehr über diesen Vogel lernen. Es gibt es so viele interessante Fakten und Fragen zu dem Kuckuck und seiner Lebensweise.

Warum merken die anderen Vögel nicht den Betrug?

Was tut der Kuckuck, damit es nicht auffällt?

Was tun die anderen Vogelarten, um den Betrug durch den Kuckuck zu verhindern?

Schließlich muss das alles im Gleichgewicht bleiben, damit es funktioniert. Die Pflegeeltern für Kuckuckskinder dürfen nicht aussterben, sonst kann der Kuckuck nicht überleben. Gar nicht so leicht, wenn man immer nur ein Ei in einem Nest ablegen kann. Über dieses Zusammenspiel in der Natur möchte ich jetzt berichten.

Natürlich kennen die anderen Vogelarten den Kuckuck und wissen, dass er Eier in ihre Nester legt. Sie kennen seine Masche. Wenn sie einen Kuckuck sehen, wird dieser lauthals beschimpft, gehasst und möglichst vertrieben. Der soll auf keinen Fall ein Ei in ihr Nest legen! Damit es möglichst oft klappt, hat der Kuckuck über die Jahrhunderte seinen Betrug perfektioniert. Im Gegenzug haben die „Pflegeeltern“ ihre Nest- und Eierkontrolle verbessert. In der Natur wird immer versucht, alles im Gleichgewicht zu halten.

Die Farbe der Eier passt immer zum Nest

Bis jetzt habe ich den Kuckuck in den Rieselfeldern, in der Disselmersch und an der Kiebitzwiese gesichtet. Alles Gebiete mit Wasserflächen, Schilf- und Baumbestand. Und die Vögel kehren jedes Jahr aus Afrika an ihren Geburtsort zurück. Und jedes Kuckucksweibchen hat sich mit seiner Eiablage auf eine Vogelart spezialisiert, sie halten Ausschau nach Vögeln, die so aussehen wie ihre Pflegeeltern. Da der Kuckuck viel größer ist als seine Wirtseltern, sind auch die Kuckuckseier etwas größer als die anderen Eier im Nest. Ansonsten ist das Kuckucksei aber fast perfekt an das Aussehen der Eier im Nest angepasst. Denn ein Vogel weiß nach der ersten Eiablage und Brut, wie seine Eier im Nest aussehen. Legt der Kuckuck nun sein Ei in ein Nest des Gartenrotschwanzes, ist sein Ei auch hellblau wie die anderen Eier im Nest. Legt ein anderer Kuckuck sein Ei in ein Nest des Teichrohrsängers, sind ebenfalls passend gefärbt. Der Betrug soll perfekt sein. Die Kuckucksweibchen haben die Farbe der Eier in ihrem Erbgut.

Das Nest der Wirteltern wird beobachtet

Der Kuckuck kehrt einige Tage später als die Wirtseltern aus dem Winterquartier zurück. Die Wirtseltern haben dann schon ihre Reviere bezogen und sich auf das Brutgeschäft vorbereitet. Auch der richtige Zeitpunkt ist wichtig, damit der Betrug gelingt. Das Ei darf nicht zu früh ins Nest gelegt werden. In einem leeren Nest würden die Wirtsvögel das Ei auf jeden Fall entfernen. Wird das Ei zu spät gelegt, schlüpft der junge Kuckuck nicht vor den anderen Jungvögeln. Deshalb beobachtet das Kuckucksweibchen das ausgesuchte Nest genau und schon Tage vorher. Ist es dann so weit, wirft sie ein Ei aus dem Nest und legt ihr etwas größeres Ei im Nest ab. Die Wirtsvögel merken durchaus, dass etwas anders ist im Nest. Sie kommen aber häufig nicht darauf, was es ist. Dass etwas größere Ei können sie nicht direkt als falsch erkennen.

Man könnte jetzt vielleicht denken, dass unsere heimischen Klein- und Singvögel nicht sonderlich intelligent sind. Sie sind aber von dem Kuckucksei durchaus alarmiert und dann skeptisch. Außerdem gelingt es dem Häherkuckuck aus Spanien sogar, sein Ei bevorzugt in Krähennester abzulegen. Das sind äußerst intelligente, wachsame und sehr fürsorgliche Eltern bei ihren Eiern und Nachwuchs. Aber selbst diese schlauen Rabenvögel kann der Kuckuck täuschen.

Die Eierkontrolle wird verbessert

Unsere heimischen Singvögel haben ihre Eierkontrolle verbessert, aber nicht jede Vogelart nimmt es damit so genau. Während die Teichrohrsänger sehr nachlässig kontrollieren, sind ihre Verwandten die Sumpfrohrsänger äußerst genau. Erkennen sie bei der ersten Kontrolle nicht den Betrug, sind sie dann wachsam. Sehen oder hören sie einen Kuckuck in der Nähe, sind sie sofort alarmiert und bemerken dann bei einer Nestkontrolle das größere Ei.

Während Teich- und Sumpfrohrsänger nur etwa 14 cm groß werden und bis zu 18 Gramm wiegen, wird ein Kuckuck bis zu 33 cm groß und bis zu 110 Gramm schwer. Dieser Größenunterschied macht sich dann auch schon beim Ei bemerkbar. Auch die Schale des Kuckuckseis ist dicker. Auch als Schutz bei einer Entdeckung. Hat der Sumpfrohrsänger den Betrug aber bemerkt, ist er so wütend, dass er das falsche Ei so lange bearbeitet, bis er die Schale geknackt hat. Das Ei wird zur Mahlzeit für den kleinen Singvogel und die Schale wird dann aus dem Nest geworfen. Die dicke Schale soll es den Wirtseltern schwerer machen, das Ei aus dem Nest zu befördern.

Ein riesiger Jungvogel im Nest

Wenn der Betrug allerdings nicht entdeckt wurde, dann schlüpft der junge Kuckuck ein paar Tage vor dem Nachwuchs seiner Pflegeeltern. Der noch nackte Jungvogel befördert dann alle anderen Eier mit einem Kraftakt aus dem Nest. Der Nachwuchs der Pflegeeltern ist verloren und er hat das Nest und die Eltern für sich alleine. Ein paar Tage später spielen sich groteske Szenen im Nest ab. Der große Jungvogel bettelt unaufhörlich und egal wie viele Insekten die gestressten Eltern in ihn hineinstopfen, es ist nie genug und das Betteln hört nie auf.

Das riesige Kuckuckskind verlässt das Nest

Noch grotesker wird es dann noch ein paar Tage später. Der junge Kuckuck ist so groß, dass er das ganze Nest ausfüllt. Es sieht fast so aus, als würde er in einem viel zu kleinen Nest festsitzen. Deshalb verlässt er dann das Nest und setzt sich in der Nähe auf einen Ast. Dort wird er dann von den Eltern weiter gefüttert. Was wegen seiner Größe für die Pflegeeltern äußerst schwierig ist. Sowohl was die Nahrungsmenge betrifft, als auch den Größenunterschied. Das Futter muss akrobatisch übergeben werden, anders würden die kleinen Singvögel gar nicht an den riesigen, aufgerissenen Schnabel herankommen.

Der meisterhafte Betrug

Warum tun sich die kleinen Singvögel das an? Sie müssten doch bemerken, dass etwas nicht stimmt. Das tun sie bestimmt auch, aber der junge Kuckuck betrügt sie auch meisterhaft. Die kleinen Singvögel handeln nach dem Motto besser einen Jungvogel aufziehen, als gar keinen und der junge Kuckuck treibt sie mit seinen dauernden Bettelrufen an. Er imitiert dabei auch die Stimmen seiner eigentlichen Geschwister. Seine Bettelrufe hören sich so an, als würden sich vier kleine Jungvögel im Nest befinden. Das motiviert die Pflegeeltern auch dazu, viermal so viel Futter zu besorgen.

Als Wirtseltern sucht sich das Kuckucksweibchen hauptsächlich Rohrsänger, Neuntöter, Grasmücken, Goldammern, Bachstelzen, Braunellen und Rotschwänze aus. Einige Arten wie Neuntöter und Goldammern haben mittlerweile Abwehrmechanismen entwickelt, so dass diese Arten kaum noch vom Kuckuck als Eltern benutzt werden.

Für den Kuckuck ist das alles Überlebenswichtig. Er hat die Fähigkeit verloren, Eier auszubrüten und Jungen aufzuziehen. Vermutlich ist die Versorgung und die Aufzucht der Jungvögel durch die Pflegeeltern auch sehr viel besser. Die Wirtseltern sind immer Singvögel die Insekten fressen und verfüttern. Diese leichtere Kost lässt den jungen Kuckuck wohl hervorragend gedeihen.

Die Hauptnahrung sind Raupen

Denn die Hauptnahrung der Kuckucke sind dagegen borstige, haarige Raupen. Der junge Kuckuck jagt und frißt diese Raupen sofort, nachdem er flügge und selbstständig ist. Das kann man auch auf meinen Fotos sehen. Er ist halt ein Kuckuck, während ihn seine Pflegeeltern sozusagen mit Schonkost großgezogen haben. Der junge Vogel hat sich alles von ihnen gemerkt. Wie sie sich anhören, wie sie aussehen und wo sie ihr Nest gebaut haben. Und nächstes Jahr im Frühling wird er an seinen Geburtsort zurückkehren. Seine richtigen Eltern wird er nie sehen.

Die männlichen Altvögel sind auf der Oberseite gräulich gefärbt, die Unterseite ist heller und hat eine deutlich dunklere Sperberung aus dünnen Querbändern. Die Färbung der Weibchen ist meistens auch gräulich, es gibt aber auch eine seltene rotbräunliche Morphe. Der Jungvogel ist dagegen noch schwarz gefärbt, mit einer leichten braunen Färbung auf den Flügeln. 

Man hört den Ruf des Kuckucks immer seltener bei uns. Es gibt noch etwa 40.000 Brutpaare in Deutschland. Das Insektensterben tut auch dem Kuckuck nicht gut. Es wird nicht einfacher diesen legendären Vogel zu sehen. Hoffen wir das es wenigstens in ein paar Jahren noch die Möglichkeit dazu gibt.

6 Kommentare

  1. Ein interessanter Bericht mit herrlichen Bilder!
    Ich habe gelesen, dass der Kuckuck zu spät hier ankommt.
    Seine Abflugszeit richtet sich glaube ich nach dem Sonnenstand in seinem Überwinterungsgebiet.
    Hier bei uns fangen allerdings seine Wirtseltern durch den Klimawandel früher an zu brüten.
    Ein Ausweg wäre, wenn er nun weiter nördlich sein Betrugsmanöver durchführte.
    Irgendwo in Skandinavien.
    Er wird es sicher schaffen.
    Die Natur ist clever.
    Liebe Grüße
    Brigitte

    • Und wieder etwas Neues gelernt! Das hatte ich noch nicht gelesen. Der Kuckuck wird sich sicherlich anpassen, jemand der eine so spezielle Lebensweise hat, kann das bestimmt ziemlich gut.
      Liebe Grüße,
      Michael

  2. Danke für diesen exzellenten Artikel mit den tollen Bildern! Ich habe so einiges über diesen leider immer seltener werdenden Vögel gelernt!

    • Gern geschehen! Das freut mich, das er Dir gefallen hat! So ein Artikel ist auch für mich sehr lehrreich, wenn ich zu den Fotos und Beobachtungen auch Informationen finden kann! Und oft lernt man dann ja auch noch etwas durch die Kommentare. So wie bei dem Kommentar von der lieben Brigitte.

      • Ja, durch das recherchieren lerne ich auch immer noch jede Menge dazu. Macht das Bloggen dann doppelt so viel Spaß. Schade nur, dass viele ihre Meinung zum Thema zurück halten. Aus welchen Gründen auch immer. Das war früher anders. Natürlich sind Likes auch toll, aber nichts geht über ein Statement.
        Aber jetzt keine Sorge, ich kann mich persönlich auch zurück halten! 😉

        • Jeder so wie er möchte! Aber es kann sein das früher mehr geschrieben wurde. Vielleicht liegt das an unserer schnellen Zeit. Es ist alles schneller geworden. Dann drückt man eben einfach schnell nur auf Like. Dabei unterstützt und bevorzugt das Internet das Schreiben doch sogar.

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